Die erste Abteilungsleiterin bei Bosch

Sie war nicht die erste Frau, die bei Bosch arbeitete, denn die fing bereits 1905 ihre Arbeit als Kurz- und Maschinenschreiberin an – aber sie war die erste Abteilungsleiterin:
1970 übernahm Ursula Blaich als erste Frau die Leitung einer Zentralabteilung - der Personalabteilung am Hauptsitz des Unternehmens, auf der Schillerhöhe in Stuttgart. Der Weg in die Führungsriege war für Frauen ein weiter Weg, Frauenförderung lange ein Fremdwort.
Zunahme der Frauenarbeit
1910 waren drei Prozent der Arbeiterschaft und zehn Prozent der Angestellten weiblich. Bei Kriegsausbruch Anfang August 1914 betrug der Frauenanteil insgesamt gut 14 Prozent. Da immer mehr Männer zum Kriegsdienst eingezogen wurden und es an Arbeitskräften mangelte, stieg der Frauenanteil bis August 1918 auf 65 Prozent.
In der Produktion arbeiteten die Frauen als angelernte Hilfsarbeiterinnen. Nach dem Krieg kehrten die Soldaten an ihre Arbeitsplätze zurück. Bereits am 1. März 1919 waren nur noch 30 Prozent der Belegschaft weiblich. Im Zweiten Weltkrieg sah es ähnlich aus.
Erster weiblicher Lehrling
Am 1. Oktober 1950 fingen schließlich die ersten sechs weiblichen Lehrlinge in Feuerbach an, eine davon war Ursula Blaich: „Im Jahr 1950 meldeten die Tageszeitungen, dass Bosch erstmals auch Abiturientinnen für die Lehre als Industriekaufmann aufnimmt.
Das galt als sehr fortschrittlich. Deshalb habe ich mich beworben, und weil mich die Technik interessierte und reizte.“
Vorurteile
Nach der Lehre arbeitet Frau Blaich zuerst im Verkaufshaus Frankfurt. „Das war damals alles andere als selbstverständlich und für mich am Anfang nicht einfach. Die Bosch-Dienst-Inhaber verlangten am Telefon zunächst meist den Chef, da sie sich nicht vorstellen konnten, dass auch ein weibliches Wesen über technische Dinge Bescheid wusste. Man musste schon ein bisschen eine dicke Haut haben.“
Mutige Chefs

Doch das Durchhalten zahlte sich aus und durch die Unterstützung von Förderern gelang der Einstieg in der Personalabteilung. Zuerst war Frau Blaich jedoch nur für die Auswahl der Lehrlinge, Ferienbeschäftigten und einen Teil der weiblichen Beschäftigten zuständig, bevor ihr die Personalabteilung Schillerhöhe übertragen wurde. Es erforderte nicht nur auf ihrer Seite Mut: „Nun waren mutige Chefs gefordert, denn in meinen Zuständigkeitsbereich fielen jetzt auch männliche Angestellte. Das war vor 50 Jahren noch unvorstellbar und für die Fachvorgesetzten und wohl auch die Betreuten gewöhnungsbedürftig.“
Lange die Einzige
„Ich war viele Jahre – ich denke mindestens fünfzehn – die einzige Abteilungsleiterin bei Bosch. Bei allen Sitzungen, Seminaren und Tagungen war ich die einzige Frau. Die Begrüßung klang dann immer so: ‚Sehr geehrte Frau Blaich, meine Herren …‘ – das war mir nicht immer angenehm und manchmal sogar peinlich. Ich habe mich deshalb sehr gefreut, als mehr Frauen in Führungspositionen kamen.“ – erzählt Frau Blaich im Interview.
Gezielte Förderung Chancengleichheit
1988 wurde schließlich eine Betriebsvereinbarung zur Frauenförderung abgeschlossen, die bald den internen Namen „Frauenförderplan“ bekam. Damit sollten mehr Frauen angeworben und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert werden. 1994 rief die Geschäftsführung den Arbeitskreis „Frauen in Führungspositionen“ ins Leben, aus dem ein Jahr später das Frauennetzwerk entstand. 1997 wurde bei Bosch eine Projektstelle „Frauenförderung“ eingerichtet, die 2004 in Projektstelle „Chancengleichheit“ umbenannt wurde.
Seit 2011 wurde die Frauenförderung zu einem umfassenden Diversity Management mit dem Fokus auf die Dimensionen Gender, Arbeitskultur, Generationen und Internationalität ausgebaut. Ein Jahr später erhielt die Bosch-Gruppe den ersten Preis als familienfreundlichstes Großunternehmen Deutschlands von der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und Bundesfamilienministerin Dr. Kristina Schröder für die vorbildliche Vereinbarkeit von Beruf und Familie im Unternehmen.

Frauenanteil heute
Weltweit stieg der Anteil weiblicher Führungskräfte über alle Führungsebenen im Konzern auf 17,2 %, das Ziel sind 20%. Seit 1. Januar 2021 gibt bei Bosch mit Filiz Albrecht erstmals eine Geschäftsführerin. Um diesen Anteil weiter zu erhöhen werden die flexiblen Arbeitszeitmodelle ausgebaut und Frauen in Führungspositionen speziell durch weltweite Mentoring- und Weiterbildungsangebote gefördert. Auch die Charta der Vielfalt hat Bosch bereits 2007 unterzeichnet.
Autorin: Kathrin Fastnacht