Das erste Zeppelin Luftschiff 1900 mit Bosch-Magnetzündung
In der Luft dank Bosch
Es war ein aufsehenerregendes Experiment. Das erste Luftschiff des Grafen Ferdinand von Zeppelin, stand 1900 bereit für seinen ersten Fahrversuch. Dass dieses Projekt möglich wurde, hatte Zeppelin auch Robert Bosch und seinem Zündsystem zu verdanken. Bosch half damit einem spektakulären Kapitel der Luftfahrt auf den Weg.
Ein ungewöhnliches Spektakel
Am Abend des 2. Juli 1900 richteten sich unzählige Augenpaare auf ein gigantisches zigarrenförmiges Objekt auf einem Holzponton im Bodensee. Es sollte sich alsbald in die Luft erheben. Tausende Schaulustige hatten sich für das Schauspiel an das Ufer des Bodensees nahe Friedrichshafen begeben. Das erste Luftschiff nach Bauart Zeppelin namens LZ 1 war bereit für seinen ersten Fahrversuch.
Erbauer Ferdinand Graf von Zeppelin war vermutlich sehr angespannt, als er um 18:50 Uhr die vordere der beiden Gondeln bestieg. Es war schließlich die Premiere seiner neuen Konstruktion, und es durfte nichts schiefgehen. Das Projekt eines anderen Luftschiffpioniers war kurz zuvor gescheitert.
Wegen Verzögerungen bei den letzten Überprüfungen und ungünstigen Windverhältnissen hatte man den Start aus Sicherheitsgründen immer wieder verschoben: Nach der Fertigstellung Mitte Juni 1900 hatten die Aktionäre der „Gesellschaft zur Förderung der Luftschifffahrt“, die Presse sowie auserlesene Gäste ab dem 16. Juni ihre Einladungen erhalten. Der Fahrversuch war darin für den 29. Juni angekündigt worden. Die Gäste hatten sich nun also drei weitere Tage gedulden müssen.
Um 20:03 Uhr schließlich lösten 56 Turner und Feuerwehrleute auf das knappe Kommando „Los!“ ihre Hände von den insgesamt 28 Halteleinen und LZ 1 begann die Auffahrt auf etwa 300 Meter Höhe. Um 20:15 Uhr gab Graf Zeppelin ein Zeichen zur Landung, und fünf Minuten später setzte LZ 1 nahe Immenstaad auf. Damit dauerte die Erprobung nur rund 17 Minuten. Sie zeigte aber die grundsätzliche Tauglichkeit des technischen Konzepts. Mit an Bord – ein Bosch Magnetzündapparat. Er war die einzige Wahl, um für LZ 1 für eine betriebssichere Zündung und damit verlässlichen Lauf der zwei Benzinmotoren an Bord zu gewährleisten.
Ein neues Luftschiffkonzept
Die Vorgeschichte dieses denkwürdigen Ereignisses begann spätestens 1887. Graf Zeppelin, damals 49-jähriger hochdekorierter Militär aus einem mecklenburgischen Adelsgeschlecht, wandte sich in diesem Jahr mit einem offiziellen Schreiben an den württembergischen König, in der er seine Gedanken über lenkbare Luftschiffe darlegte. 1891 folgte die erste Patentanmeldung, die er aber wegen notwendiger Verbesserungen zurückzog. Nach zahlreichen Überarbeitungen und erneuter Anmeldung erhielt Zeppelin 1895 in der Klasse „Sport“ das Patent auf einen lenkbaren „Luftfahrzug“.
Zeppelin verfocht das Konzept eines sogenannten Starrluftschiffs. Sie waren das Gegenkonzept zu den seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannten „Prallluftschiffen“. Diese erhielten allein durch eine Gasfüllung mit Wasserstoff oder Helium ihre Form. Damit sie prall blieben, ließ sich durch Luftsäcke im Innern der gasgefüllten Hülle, bei den man Luft einblasen oder ablassen konnte, ein leichter Überdruck im Hülleninneren aufrechterhalten.
Dagegen verfügte das Starrluftschiff von Zeppelin über ein Metallgerippe. Dieses war mit einer Stoffhülle überzogen und trug in seinem Inneren eine Anzahl von Gaszellen, die mit Wasserstoffgas gefüllt wurden, um die Flugfähigkeit zu erzeugen, in dem sie das Luftschiff leichter als Luft machten. Zeppelin führte dabei zwei entscheidende Vorteile gegenüber dem Konzept des Prallluftschiffs ins Feld: erstens die größere Stabilität und damit die Eignung für starke Motoren und hohe Geschwindigkeiten und zweitens Formstabilität bei schwankendem Luftdruck und die Möglichkeit, ohne Verformung Traggas zum Zweck des Absinkens abzulassen.
Fundraising und Entwurf einer Vision
Zeppelin versuchte, das Militär für das Projekt zu interessieren, da ihm so eine Finanzierung für die Realisierung des Baus gesichert schien. Als die von Kaiser Wilhelm II. eingesetzte Kommission jedoch abschlägig urteilte, entschloss sich Zeppelin zu einem anderen Schritt. Mit Unterstützung des „Vereins Deutscher Ingenieure“ gründete er 1898 die „Gesellschaft zur Förderung der Luftschifffahrt“ mit einem Grundkapital von 800 000 Reichsmark, von dem er selbst gut die Hälfte beisteuerte. LZ 1 war bereits in den Jahren 1892 bis 1894 entworfen und konstruiert worden. Es sollte mit 128 Metern Länge und 11,7 Metern Durchmesser das bislang größte Luftschiff werden.
Der Bau begann 1898 in der Fabrik des Lüdenscheider Unternehmers Carl Berg, der nachhaltig an der Entwicklung der Luftschifffahrt interessiert war. Er hatte bereits das Luftschiffprojekt des Zeppelin-Kontrahenten David Schwarz unterstützt und wandte sich nach dem Scheitern dieses Projekts Graf von Zeppelin zu, dessen „Gesellschaft zur Förderung der Luftschifffahrt“ er mit einer erheblichen Einlage protegierte. Die Montage des Luftschiffs erfolgte in einer schwimmenden Halle, die eigens für diesen Zweck errichtet worden war und im Bodensee vor Manzell nahe Friedrichshafen vertäut lag.
Eine beeindruckende Erscheinung
Im Inneren des 128 Meter langen stoffbezogenen Aluminiumgerippes befanden sich 17 Zellen, die mit insgesamt 11 300 Kubikmeter Gas gefüllt wurden. Insgesamt wog LZ 1 rund 10 000 Kilogramm.
An der Unterseite des zigarrenförmigen Schiffs wurden zwei je sieben Meter lange Gondeln installiert, in denen je ein Daimler Benzinmotor mit 16PS Leistung eingebaut war. Mit insgesamt 100 Litern Benzinvorrat sollten sie bei einer errechneten Reisegeschwindigkeit von 28,8 Stundenkilometern eine zehnstündige Fahrt gewährleisten.
Die Bosch-Zündung war dabei ein Glücksfall für Zeppelin. Gängig waren bei Fahrzeugen bis etwa 1900 die etablierten, aber problematischen Glührohr- und Summer-Batteriezündungen, die aber beide aus unterschiedlichen Gründen für LZ 1 nicht in Frage kamen. Die Summerzündungen benötigten externen Strom durch eine Batterie, die bereits nach kurzer Zeit stationär aufgeladen werden musste. Die Glührohrzündung fiel für den Luftschiffeinsatz deswegen aus, weil sie einen Brenner mit offener Flamme erforderte – ein erhebliches Brandrisiko angesichts des leicht entzündbaren Traggases Wasserstoff.
Es bot sich daher nur ein einziges Zündsystem als tauglich an: die Niederspannungs-Magnetzündung, die Robert Bosch 1897 für den Einsatz in Fahrzeugmotoren einsatzfähig gemacht hatte. Zur Anwendung kamen Magnetzündapparate des Typs „C“, die Bosch im Vorjahr auf der „Ersten Internationalen Automobilausstellung“ in Berlin vorgestellt hatte. Der Einsatz dieser Technik zeigte das Vertrauen Zeppelins in die Erzeugnisse des Stuttgarter Fabrikanten.
Dank Bosch keine Brandgefahr und große Reichweite
Auch wenn die erste Fahrt von LZ 1 noch nicht zu dem Erfolg führte, den Graf von Zeppelin sich versprochen hatte: Immerhin bewies die Fahrt, dass das Konstruktionsprinzip funktionierte. Bosch half das als Beweis für die Zuverlässigkeit seiner Zündung, dann, wenn es darauf ankam. Und für Zeppelin löste sie ein Problem, das bis zuletzt dem Betrieb seiner Luftschiffe im Wege stand. Daher wurde die Bosch-Zündung auch ein stetiger Begleiter der Luftschifftechnik bis zum Ende ihrer Ära.
Autor: Dietrich Kuhlgatz