Mut zum Handeln
Der Bosch-Kreis und der Widerstand gegen Hitler
Am 20. Juli 1944 scheiterte ein Attentat auf Adolf Hitler, dass das Ende der NS-Herrschaft bringen sollte. Am versuchten Staatsstreich war auch der sogenannte Bosch-Kreis, eine kleine Gruppe führender Bosch-Mitarbeiter, beteiligt.
„Warum bringt denn den Kerle niemand um?“ Diese Frage stellte Robert Bosch im privaten Kreis, wie sich seine Tochter Eva erinnert. Mit dem „Kerle“ war kein anderer als Adolf Hitler gemeint. Und dieser emotionale Ausbruch hätte, anderswo geäußert, durchaus ein Todesurteil nach sich ziehen können. Er drückt aber wie nichts anderes Robert Boschs Einstellung zum Nationalsozialismus aus. Es schwingt ein gewisses Maß an Verzweiflung mit, wenn ein Mann wie Bosch – dessen Motto „sei Mensch und ehre Menschenwürde“ war, einem anderen den Tod wünscht. Aber gerade die menschenverachtende Haltung des Nazi-Regimes gegenüber Minderheiten und Verfolgten war einer der Gründe für seine Ablehnung. „Der will ein Staatsmann sein und weiß doch nicht was Gerechtigkeit ist“, so urteilte er gleich nach seinem ersten Zusammentreffen mit Hitler kurz nach dessen Machtantritt. Und eine Wirtschaftspolitik, die auf Planwirtschaft und nationale Autarkie abzielte, widersprach den Vorstellungen des weltwirtschaftlich orientierten Unternehmers, der seine Produkte weltweit verkaufte und herstellte.
Sei Mensch und ehre Menschenwürde.
In Ablehnung vereint
Dass Robert Bosch mit dieser Haltung dem Nationalsozialismus gegenüber nicht allein stand zeigt der Bosch-Kreis. In ihm versammelten sich verschiedenste Männer für den Widerstand gegen das Nazi-Regime, die unter anderen Umständen so vielleicht nie zusammengefunden hätten. Was alle verband war eine Anstellung bei Bosch sowie eine leidenschaftliche Ablehnung des nationalsozialistischen Regimes und die Frage, wie dieses beseitigt werden könnte. Robert Bosch hatte ein enges und vertrauensvolles Verhältnis zu seinem Nachfolger in der Firma, Hans Walz, und dem Leiter seines Privatsekretariats Willy Schloßstein. Mit ihnen dürfte er sich häufig über die politischen Verhältnisse und die Möglichkeiten zum Widerstand ausgetauscht haben. Ebenso wie mit Baurat Albrecht Fischer, einem wirtschaftsliberalen Demokraten, der 1934 als wirtschaftspolitischer Berater zu Bosch kam. Durch ihn folgte ein Jahr später Paul Hahn, der nach unterschiedlichsten Betätigungen als Lehrer, Kunstmaler, Polizeipräsident und Stahlmöbeldesigner, ebenfalls unter Vertrag genommen wurde und die Leitung für den Bau des Robert-Bosch-Krankenhauses übernahm. Der Pädagoge Theodor Bäuerle hatte den Verein zur Förderung der Volkbildung gegründet, dem Robert Bosch vorstand. Er kam 1936 zu Bosch.
Mitglieder des Bosch-Kreises
Diese Mitglieder des Bosch-Kreises diskutierten untereinander, den Kontakt zu Widerstandskreisen stellte jedoch der Hitler-Gegner Carl Friedrich Goerdeler her, der nach seinem Rücktritt als Leipziger Oberbürgermeister 1937 ebenfalls einen Beratervertrag bei Bosch bekam. Er verfügte über entsprechende Kontakte und nutzte die Reisen, die er als Berater in verschiedene Länder unternahm, um vor der Kriegsgefahr zu warnen, die vom nationalsozialistischen Deutschland ausging – leider mit mäßigem Erfolg.
Der militärische Widerstand, der sich vor und während des Zweiten Weltkrieges gegen das NS-Regime formierte, wurde ergänzt durch einen zivilen Flügel. Dieser sollte die Regierung nach der Absetzung Hitlers übernehmen. Goerdeler war als Kanzler in dieser neuen Regierung vorgesehen. Als das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 scheiterte und die „Verschwörer“ verfolgt und verhaftet wurden, kamen neben Goerdeler auch Fischer, Hahn und Schloßstein in Haft. Was den meisten Mitgliedern des Bosch-Kreises letztendlich das Leben rettete, war die enge Verbindung Boschs zum SS-Offizier Gottlob Berger, dessen Vater ein alter Bekannter von Robert Bosch gewesen war. Er erwirkte, dass Schloßstein entlassen und Hahn sowie Fischer zu Haft und nicht zum Tode verurteilt wurden. Für Goerdeler freilich konnte niemand mehr etwas tun. Er wurde am 2. Februar 1945 in Berlin hingerichtet.
Autorin: Christine Siegel