Der Weg zum Global Player
Internationalisierung bei Bosch im Rückblick
Seit 125 Jahren ist Bosch ein internationales Unternehmen. Die Bedeutung des Weltmarktes für ein erfolgreiches Wachstum erkannte schon Robert Bosch. Die Art der internationalen Tätigkeit hat sich im Lauf der Zeit gewandelt, das Bekenntnis zur Strategie einer internationalen Ausrichtung nicht.
Produkte 1903 und 2023
1903 war das typische Bosch-Produkt ein Magnetzünder, der für eine zuverlässige Zündung im Auto sorgte. Er wurde komplett im Stuttgarter Bosch-Werk entwickelt, getestet und produziert. Und das ausschließlich von deutschen Männern. Anschließend ging der Magnetzünder auf Reisen, entweder zu deutschen Automobilherstellern oder vermehrt zu internationalen Kunden. Immerhin stieg der Anteil am Umsatz, der außerhalb Deutschlands erwirtschaftet wurde, zwischen 1899 und 1906 von 16 auf 79 Prozent.
2023 ein einziges typisches Bosch-Produkt zu benennen ist bei der großen Produktvielfalt schwierig. Geforscht, getestet und produziert wird in einem internationalen Verbund von einer Vielzahl unterschiedlicher Menschen. Diversity wird bei Bosch großgeschrieben. Auch heute noch gehen die Produkte auf Reisen aber nicht mehr nur von einer Stelle aus. Der internationale Fertigungs- und Forschungsverbund sorgt dafür, dass Produkte dort entwickelt und produziert werden, wo sie gebraucht werden – local for local.
Zwischen den beiden Szenarien liegen 120 Jahre
in denen sich Bosch von einem Unternehmen mit internationalen Ambitionen zu einem Global Player entwickelt hat. Angefangen hat alles 1898 als Robert Bosch den ersten Schritt in Richtung Internationalität ging – nur zwölf Jahre nach Unternehmensgründung. Internationalisierung blieb seither eine überlebenswichtige Unternehmensstrategie von Bosch. Denn nach mehreren Rückschlägen im krisengeschüttelten 20. Jahrhundert war die starke internationale Ausrichtung des Unternehmens meist ein bedeutender Faktor für den Aufschwung.
Markteintritt mit lokalen Kennern
Bosch hatte Ende des 19. Jahrhunderts erkannt, dass der deutsche Markt allein nicht ausreichen würde, um Magnetzünder in großer Stückzahl zu verkaufen. Um vom aufkommenden Autoboom zu profitieren, war der Schritt auf die wichtigen internationalen Märkte entscheidend. Bosch musste die richtige Eintrittsstrategie finden. Häufig funktionierte dies über persönliche Kontakte. Fachleute trafen sich beispielweise auf dem Pariser Automobilsalon. Dort wurden wichtige Verbindungen hergestellt. Auf diese Weise hat Robert Bosch Kenner des jeweils lokalen Marktes gefunden, die über lange Erfahrung verfügten. Diese übernahmen den Vertrieb von Bosch-Produkten mit großer Expertise wie etwa in China 1909 oder Japan 1911. Die Gründung von eigenen Tochtergesellschaften und die Produktion außerhalb Deutschlands war noch die Ausnahme. Bis 1914 gab es nur zwei Produktionsstätten, in Frankreich und den USA.
Gemeinsame Produktion
Hohe Zölle und weite Wege waren die Ursache dafür, dass Bosch in den 1920er Jahren die Internationalisierung auf eine neue Stufe hob. Eine ähnliche Stellung wie vor dem Ersten Weltkrieg in Ländern wie Großbritannien, Frankreich und den USA zu erreichen, war nur noch dann möglich, wenn Bosch vor Ort produzieren konnte. Wieder war es entscheidend, mit lokalen Kennern zusammenzuarbeiten, die als Türöffner fungierten. So entstanden dort Ende der 1920er, Anfang der 1930er Joint Ventures mit einheimischen Firmen. Um lange Transportwege zu umgehen, vergab Bosch in Japan und in Australien Lizenzen für Bosch-Produkte an Gesellschaften vor Ort. In fast allen Fällen hat sich die Wahl der Partner als eine sehr tragfähige erwiesen. Die Zusammenarbeit konnte nach der Unterbrechung durch den Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen werden und wurde zur Wiege des heutigen Engagements in den Ländern.
Internationaler Fertigungsverbund
In den 1950ern erklärte Bosch die internationale Arbeitsteilung, bei der Produkte weltweit hergestellt werden, zum langfristigen Ziel. Schon 1960 dienten die Investitionen außerhalb Deutschlands vor allem dem Aufbau eigener Produktionsanlagen und nur in geringerem Maße der Stärkung des Vertriebsnetzes. Die Nähe zum Kunden war wichtig, wie auch die Erschließung schwer zugänglicher Märkte. Bosch war häufig mit Bosch-Diensten, den Service-Stellen für Automobiltechnik, vor Ort gegangen, um den Namen und die Marke bekannt zu machen. Später öffneten auch Hausgeräte oder Elektrowerkzeuge die Tür zu neuen Märkten. Außerdem war ein Produktionsstandort, der gute Arbeitsbedingungen und gute Qualität bot, die beste Empfehlung, wenn lokale Firmen Anbieter für neue Projekte im Land suchten. Dies erforderte starke Verwaltungseinheiten, die das Geschäft vor Ort organisierten. Von Stuttgart aus war das nicht mehr zu bewältigen.
Die Forschung wird international
Je internationaler die Geschäftstätigkeit wurde, desto mehr musste sich Bosch dem internationalen Wettbewerb stellen. Forschung und Entwicklung, die bis in die 1980er Jahre in Deutschland ihren eindeutigen Schwerpunkt hatten, wurden in einen weltumspannenden Entwicklungsverbund überführt. Lokale Entwickler waren besser in der Lage die Bedürfnisse vor Ort in Technik fürs Leben umzusetzen. Weltweit erhielten die einzelnen Geschäftsbereiche die Produktverantwortung und schon bei der Entwicklung eines neuen Produkts waren Mitarbeiter verschiedener Standorte rund um den Globus beteiligt. Entscheidenden Anteil daran hatten der immer schneller werdende Datenfluss und die Möglichkeiten, die das Internet bot. In den folgenden Jahren entstanden immer mehr virtuelle Teams, die von den verschiedensten Standorten der Welt aus gemeinsam an neuen Produkten arbeiteten.
In den letzten vier Jahrzehnten
hat sich Bosch weiter rasant von einem internationalisierten zu einem globalisierten Unternehmen gewandelt. Als ein international führendes Technologie- und Dienstleistungsunternehmen umfasst Bosch 468 Tochter- und Regionalgesellschaften in mehr als 60 Ländern. So arbeiten mehr als 150 Nationalitäten bei Bosch und tragen so jeden Tag zum Erfolg des Unternehmens bei. Und die Reise geht weiter.
Autorin: Christine Siegel