Akku statt Kabel
Die Geschichte der Akku-Elektrowerkzeuge von Bosch
Gab es keinen Strom in der Nähe, half manchmal noch das Verlängerungskabel, doch bei zu großen Entfernungen war der Einsatz von Elektrowerkzeugen schwierig. 1969 brachte Bosch die ersten Akku-Geräte auf den Markt – und aus den überschaubaren Anfängen entstand Schritt für Schritt ein umfassendes Werkzeugangebot für Profis wie Heimwerker.
An einem sonnigen Tag im Garten: Mit der elektrischen Heckenschere lässt sich die Hecke nahe beim Haus mühelos im Form bringen. Doch in den hinteren Teil reicht das Kabel nicht, dafür ist der Weg zu weit. Auch auf der benachbarten Baustelle fehlt der Strom oben auf dem Gerüst, zu gefährlich wäre es, dort Kabel zu legen. Diese und ähnliche Situationen vor Augen, machten sich die Ingenieure bei Bosch an die Arbeit.
Handlich und einfach in der Anwendung sollten sie sein, die neuen Elektrowerkzeuge von Bosch. Bereits 1928 hatte das Unternehmen eine Haarschneidemaschine auf den Markt gebracht. Mit dem Prinzip des „Motors im Handgriff“ wurde das kleine Gerät zum Ausgangspunkt der neuen Produktsparte. Erschwert oder aber unmöglich einzusetzen waren die Elektrowerkzeuge immer dann, wenn es keine Steckdose in der Nähe gab – vor allem auf Baustellen, in Gärten und in der freien Natur. Auch in schwierigen Arbeitspositionen wie auf Gerüsten, in Behältern oder Installationsschächten konnte oft keine Kabelverbindung gelegt werden. Was lag also näher, als die Energiequelle direkt im Elektrowerkzeug unterzubringen?
Schwergewichte
Bis in die 1960er Jahre waren die zuverlässigsten Batterien Bleiakkumulatoren, ähnlich den Starterbatterien in Kraftfahrzeugen. Sie konnten ausreichend hohe Stromstärken abgeben, verlangten aber viel Sorgfalt beim Ladevorgang. Wegen ihrer flüssigen Bestandteile, der Schwefelsäure als Elektrolyt, musste auf ihre Lage geachtet werden, ein Einsatz „über Kopf“ war nicht möglich. Außerdem brachte das Schwermetall Blei einiges an Gewicht auf die Waage. Zwar gab auch schon leichtere, lagenunabhängige Nickel-Cadmium-Akkus, doch reichte deren Leistungsvermögen für die meisten Anwendungen nicht aus. Die ersten beiden Akku-Elektrowerkzeuge, die Bosch 1969 auf den Markt brachte, nutzten daher die Bleibatterie. Eine Bohrmaschine und eine Heckenschere wurden mit einer Batterietasche zum Umhängen über die Schulter ausgestattet. Doch die 5,5 Kilogramm der Schultertasche zusammen mit der Kabelverbindung zum Werkzeug machten die Anwendung mühsam, obwohl die Heckenschere 20 Meter Heckenschnitt im einstündigen Dauerbetrieb schaffte.
Handlich und kompakt
Grundsätzlich überzeugte die Idee des Batteriebetriebs für Elektrowerkzeuge jedoch, und Bosch setzte die Entwicklungsarbeiten fort. Knapp fünf Jahre später stellte das Unternehmen mit einer Grasschere das erste Gerät mit integriertem Akku vor. Eingesetzt wurde dabei eine neue Akku-Zellentechnik, ein Trocken-Akku mit vier Nickel-Cadmium-Zellen. Diese zeichnete sich durch ihre hohe Energiedichte und lange Lebensdauer bei vielen hundert Ladevorgängen aus. 1982 folgte die erste akkubetriebene Bohrmaschine von Bosch, ein kleines, leichtes und handliches Werkzeug, das sich mit dem zugehörigen Schnellladegerät innerhalb einer Stunde wieder aufladen ließ.
Weltneuheit
Einen Meilenstein erreichte Bosch 1984 mit dem weltweit ersten Akku-Bohrhammer. Der GBH 24 V richtete sich zunächst an professionelle Anwender und ermöglichte Arbeiten fernab jeglicher Steckdosen, von der obersten Ebene eines Baugerüsts bis tief unter die Erde bei Höhlenbegehungen. Basis dafür war ein sehr leistungsfähiger Trocken-Akku mit 20 Nickel-Cadmium-Zellen: mit einer Ladung konnten Handwerker – oder Höhlenforscher – über 60 Löcher bohren.
Akku-Kompetenz
Weiterentwicklungen in der Akkutechnik machten die Werkzeuge in den folgenden Jahren immer leistungsfähiger. 1998 präsentierte Bosch zwei Akku-Bohrschrauber mit 14,4 und 12 Volt, die erstmals eine neue cadmiumfreie Zellentechnik verwendeten. Die Akku-Packs aus Nickelmetallhydrid waren zum einen kompakter und leichter als Nickel-Cadmium-Akkus, zum anderen verfügten sie über deutlich mehr Kapazität.
Mit dem im Jahr 2000 vorgestellten 24-Volt-Akkusystem wurde ein nächster Leistungssprung möglich, sodass die Akkutechnik nun auch in Werkzeugen nutzbar war, die bis zu diesem Zeitpunkt nur mit Netzstrom betrieben werden konnten. Im ersten Schritt kamen vier Profi-Geräte auf den Markt: ein Schlagbohrschrauber und ein Bohrschrauber mit sehr hohem Drehmoment, eine Säbelsäge und eine Arbeitslampe.
Erfolg mit Lithium-Ionen-Technologie
2003 ging Bosch mit einem kleinen, kompakten Schrauber an den Start, der hervorragend in der Hand lag und sich vor allem durch eine neue Technologie auszeichnete: der IXO mit Lithium-Ionen-Akku. Das Unternehmen setzte als weltweit erster Hersteller Lithium-Ionen-Akkus in einem Elektrowerkzeug ein – mit dem großen Vorteil, keine Selbstentladung und keinen Kapazitätsverlust durch Laden vor der vollständigen Entladung, den Memory-Effekt, mehr zu haben. Die neuen Akkuzellen waren zudem noch einmal bis zu 40 Prozent leichter als Nickel-Cadmium-Zellen, dadurch wog der IXO gerade einmal 300 Gramm.
Leistungsstarke Akkus für alle Werkzeuge
Der Fokus der weiteren Entwicklungsarbeit richtete sich in den folgenden Jahren auf die neue Lithium-Ionen-Technologie. 2005 brachte Bosch ein 36 Volt-Akkusystem auf den Markt. Die damit ausgestatteten Werkzeuge verrichteten ebenso zuverlässig die großen und schweren Arbeiten auf der Baustelle wie die netzbetriebenen Maschinen. Nach und nach zogen die Lithium-Ionen-Akkus in immer mehr Werkzeugtypen und Gartengeräte ein, seit 2020 und 2022 auch herstellerübergreifend für die 18 Volt-Systeme der Akku-Allianzen für Heimwerker- und Profigeräte.
Seit 2023 setzt Bosch als erster Anbieter weltweit das so genannte Tabless-Design von Akku-Zellen in 18 Volt-Akkus ein. Herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus weisen „Tabs“ auf, Engstellen, durch die der Strom fließen muss. Tabless-Zellen bieten dem Strom viele Pfade und senken den Widerstand jeder einzelnen Zelle sowie des gesamten Akku-Packs. Es bildet sich weniger Wärme und der Akku bleibt deutlich länger leistungs- und einsatzfähig, vor allem bei anspruchsvollen Anwendungen. Unverändert und nach wie vor gültig bleibt dagegen der Anspruch, mit dem die Geschichte sowohl der kabelgebunden als auch der akkubetriebenen Elektrowerkzeuge bei Bosch begann: gut handzuhabende, flexibel einsetzbare und dauerhaft leistungsstarke Elektrowerkzeuge zu entwickeln.
Autorin: Bettina Simon



