Bosch in Argentinien
Seit einem Jahrhundert mit eigener Bosch-Gesellschaft
1924 ging Bosch mit einer eigenen Gesellschaft in Buenos Aires an den Start. Die Geschichte von Bosch in Argentinien ist lang und nicht immer gradlinig verlaufen. Sie ist aber gleichzeitig das immer wieder betonte Bekenntnis zu einem erfolgversprechenden Markt.
Ich selbst habe die Absicht, nach Buenos Aires (…) zu gehen, um die Verhältnisse dort einmal anzusehen.
Diese Zeilen schrieb Robert Bosch an seinen schwedischen Freund und Geschäftspartner Fritz Egnell am 8. Februar 1921. Was reizte den Unternehmensgründer so sehr an der argentinischen Hauptstadt, dass er sich auf die lange Schiffsreise machte? Die Antwort findet sich ebenfalls in einem Brief an Egnell. Darin geht Bosch auf die auch drei Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkriegs immer noch instabile wirtschaftliche Lage in Deutschland ein: „Die Verhältnisse sind hier auch außerordentlich schwierig und ich weiß nicht recht, wie ich durchkommen soll, wenn ich nicht bald aus dem Ausland Geld bekommen kann.“
Start in einem aufstrebenden Land
Der lateinamerikanische Markt und vor allem Argentinien schienen diesbezüglich vielversprechend. Eine liberale Wirtschaftspolitik und hohe Einwanderung hatten die Industrialisierung in dem weitgehend agrarisch geprägten Land beschleunigt und Argentinien in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu großem Wohlstand verholfen. Schon 1908 hatte Bosch eine Vertretung für seine Produkte an einen Händler in Buenos Aires vergeben. Zu dieser Zeit war Buenos Aires mit mehr als einer Million Einwohner zur größten und wichtigsten Stadt in Lateinamerika geworden. Der Auto-Boom, vor allem in der argentinischen Hauptstadt, machte Bosch-Technik zum Verkaufsschlager.
Eine eigene Gesellschaft in der Hauptstadt
Während des Ersten Weltkrieges war der Nachschub aus Stuttgart jedoch zum Erliegen gekommen. Doch die Bosch-Magnetzündung blieb stark nachgefragt und die Aussichten nach Kriegsende waren günstig. Die Südamerikareise Robert Boschs 1921 diente dazu, dass er sich selbst ein Bild über die wirtschaftlichen Möglichkeiten machen konnte. Was er sah, überzeugte ihn und er beschloss, eine eigene Gesellschaft in Argentinien zu gründen. Diese sollte den Verkauf und den Einbau seiner Produkte auch in Brasilien, Chile und Uruguay koordinieren. Dieser Plan wurde 1924 mit der Gründung der Robert Bosch S.A. in Buenos Aires umgesetzt, die ein Verkaufshaus in der Calle Rivadavia unterhielt. In der mittlerweile Drei-Millionen-Einwohner-Stadt waren 1925 schon 80 000 Autos unterwegs – ein wichtiger Absatzmarkt. Konkurrenz gab es reichlich, aber die Qualität von Bosch überzeugte. Ein Mitarbeiter vor Ort berichtete, dass Autofahrer in Buenos Aires, angesprochen auf die Produkte aus Stuttgart, begeistert ausgerufen hätten: „¡No hay como Bosch!“ – „Nichts ist so gut wie Bosch!“
Auf und Ab
Die Geschäfte liefen so gut, dass Bosch Anfang der 1930er Jahre mit 25 Mitarbeitern ein neues, größeres Domizil in der Rio Bamba bezog. Dort wurden einzelne Produkte auch endmontiert. Auch eine Lizenzfertigung kompletter Produkte in Argentinien wurde in Erwägung gezogen. Doch der Zweite Weltkrieg verhinderte dieses Vorhaben. Es folgte eine Zeit der politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten. Die Robert Bosch S.A. wurde am Ende des Kriegs zusammen mit den Markenrechten enteignet. Aber Bosch wollte nach der langen erfolgreichen Geschichte den argentinischen Markt nicht aufgeben und gründete 1956 die Vertriebsgesellschaft Aparatos y Accessorios SRL (APAC) in Buenos Aires. Schon zwei Jahre später konnten die Markenrechte in Argentinien zurückgewonnen werden. Anfang der 1960er Jahre wurde die APAC in Robert Bosch Argentina SRL umbenannt.
Anfänge der Produktion
1967 nahm die Gesellschaft frühere Pläne wieder auf und begann mit einer kleinen Fertigung von Zündkerzen und Glühstiftkerzen in Buenos Aires. 1969 entschloss sich Bosch, eine neue Fabrik zur Produktion von Kraftfahrzeugausrüstung im Norden Argentiniens zu bauen. Mit der Eröffnung der Fabrikanlage in der Provinz Tucumán im Jahr 1973 verlagerte Bosch die Fertigung aus Buenos Aires dorthin und begann zusätzlich mit der Montage von Reihenpumpen für den argentinischen Markt. 1982 verlegte die Robert Bosch Argentina S. A. die Vertriebsaktivitäten in die Av. Córdoba 5160 in Buenos Aires.
In der Folgezeit war Argentinien geprägt von einem häufigen Wechsel sowohl der politischen als auch der wirtschaftlichen Lage. Eine stabile geschäftliche Entwicklung war deshalb auch für Bosch lange nicht möglich. Vor diesem Hintergrund sah sich das Unternehmen gezwungen, sein Argentinien-Geschäft neu zu strukturieren und die Fabrik in Tucumán 1988 zu schließen. 1995 nahm das von Robert Bosch Industrial SA und Argelite SAIC gegründete Gemeinschaftsunternehmen zur Herstellung von Kraftfahrzeugtechnik in Argentinien und Uruguay seinen Betrieb in San Martín (Buenos Aires) auf. Später erwarb Bosch 100 % der Anteile, was eine Expansion des Geschäftsbereichs ermöglichte. Im Jahr 2009 wurde das Werk jedoch verkauft.
Bekenntnis zum Land
2016 begann Bosch mit der Entwicklung des intelligenten Pflanzensystems IPS. Dabei hilft die automatisierte, datenbasierte Saatausbringung, höhere Ernteerträge zu erzielen. Bosch in Argentinien hat das Potenzial für die großen Agrarflächen im Land schnell erkannt. Heute hat das Unternehmen mehr als zwei Millionen Hektar mit dieser Lösung bepflanzt und ist bestrebt, neue Märkte zu erschließen.
Gegenwärtig hat Bosch Argentinien seinen Sitz in San Isidro, wo sich auch ein Schulungszentrum befindet, das für Berufstätige, Mechaniker und Studenten Aus- und Weiterbildung im Bereich der Kraftfahrzeugtechnik anbietet. Die Bosch Rexroth S.A.I.C. hat ihren Sitz in Carapachay. Außerdem verfügt Bosch über das größte Netz unabhängiger Werkstätten des Landes, "Bosch Car Service", mit mehr als 300 spezialisierten Werkstätten.
"Es sind 100 Jahre Engagement, Innovation und Exzellenz", resümiert der Chef von Bosch in Argentinien weiter. "Wir haben unzählige Erfolge und viele Schwierigkeiten erlebt. Aber wir werden von der Leidenschaft angetrieben, weiter zu wachsen, und wir sind vom Streben nach Größe geprägt". Außerdem schaut er nach vorne: "Mit Blick auf die Zukunft bekräftigen wir unser Engagement, weiterhin Innovationen für das Leben der Argentinier zu schaffen und das Wachstum unserer nationalen Industrie voranzutreiben."
Autorin: Christine Siegel