Zum Hauptinhalt springen
Erin Baumgartner

„Die Lebensqualität in Städten muss besser werden“

Im Gespräch mit der Assistant Director des Massachusetts Institute of Technology

Erin Baumgartner, Massachusetts Institute of Technology, hält einen Vortrag auf der Bosch IoT-Konferenz.

Städte sind belebt, schön, alt – aber smart? Mit dem Internet der Dinge werden nicht nur Geräte oder Gebäude intelligent, sondern ganze Lebensräume. Erin Baumgartner, Assistant Director am Massachusetts Institute of Technology, will Städte attraktiver gestalten.

Teile diese Seite auf

Smart-City-Expertin Erin Baumgartner im Interview

Experts@IoT: Erin Baumgartner, Massachusetts Institute of Technology
YouTube

Das Laden des Videos setzt Ihre Zustimmung voraus. Wenn Sie durch Klick auf das Play-Symbol zustimmen, lädt das Video und es werden Daten an Google übertragen sowie Informationen durch Google auf Ihrem Gerät abgerufen und gespeichert. Google kann diese Daten bzw. Informationen gegebenenfalls mit bereits vorhandenen Daten verknüpfen.

Mehr erfahren

„Menschen sind mehr als nur Datenpunkte, wir müssen das Erlebnis Stadt vor Augen haben.“
Erin Baumgartner, MIT

Jeder hinterlässt Daten, immer und überall

Vom Mathematiker bis zum Designer: Das Team des Senseable City Lab am Massachusetts Institute of Technology (MIT) besteht aus 40 klugen Köpfen mit ganz unterschiedlichen Kompetenzen. Gemeinsam mit Teamleiterin Erin Baumgartner, Assistant Director am MIT, verfolgen sie ein klares Ziel: Städte sollen „smart“, also intelligent vernetzt werden. „Unsere Städte haben komplexe Probleme, da ist ein vielfältiger Mix an Expertise notwendig“, so Baumgartner. Dass es immer mehr Menschen in die Städte zieht, der Verkehr zunimmt und Ressourcen knapper werden, ist seit Jahren bekannt. Doch jetzt, dank der Digitalisierung, könnten große Datenmengen dabei helfen, Lösungen zu finden. Die Daten gebe es prinzipiell bereits, man müsse sie nur richtig nutzen: „Menschen hinterlassen digitale Spuren, die eine Geschichte erzählen. Wir vom MIT erheben Daten im Umwelt- oder Finanzbereich sowie in der Telekommunikation und im Verkehrswesen. Danach verknüpfen wir sie sinnvoll zu einem Gesamtbild und legen damit los.“

„Die vielen Daten, die man aus Abwasser gewinnen kann, wurden bisher sprichwörtlich immer die Toilette runtergespült.”
Erin Baumgartner, MIT

Allwissendes Abwasser?

Eine der ergiebigsten Datenquellen für das Team um Erin Baumgartner: Abwasser. Ein Überrest unseres Alltags, der jedoch unerwartet viele Informationen enthält: „Das sind wertvolle Daten, die wir – und das ist eigentlich ein schlechter Witz – einfach die Toilette runterspülen“, erklärt Baumgartner. Da Abwasser also einiges über die Menschen verrät, die es produzieren, hat das Senseable City Lab neben zahlreichen anderen Projekten „Underworlds“ ins Leben gerufen. Spezielle iPhone-gesteuerte Roboter sammeln Daten im Abwassersystem, durch die sich urbane Epidemiologie in Echtzeit betreiben lässt. Das heißt, dass sich verändernde Gesundheitszustände innerhalb der Stadtbevölkerung überwacht werden und man gleichzeitig versucht, deren Ursachen zu entdecken. Werden beispielsweise Keime oder Viren im Abwasser gefunden, kann ein Frühwarnsystem helfen Krankheitswellen einzudämmen. So bleiben die Leute gesünder, und die Stadt spart Kosten für medizinische Versorgung. Dabei sei es besonders wichtig, nicht nur im Labor, sondern vor allem im „echten Leben“ zu forschen: „Wir wollen Städte wie Petrischalen untersuchen“, erklärt Baumgartner. „Nur so kann man herausfinden, ob die Lösungen, die man für richtig hält, auch wirklich wirksam sind.“

„Um die perfekte Stadt zu schaffen, könnte man tausend Sachen gleichzeitig angehen. Sich auf das Verkehrswesen zu konzentrieren, halte ich für einen guten Anfang.“
Erin Baumgartner, MIT

Die meisten Autos braucht kein Mensch

Was macht Städte zu gesünderen, zu lebenswerteren Orten? Eine Möglichkeit wäre, die Anzahl der Autos drastisch zu reduzieren. „90 Prozent der Autos in Städten sind überflüssig, da sie nur in fünf bis zehn Prozent der Zeit eines Tages genutzt werden. Die Abschaffung dieser Fahrzeuge hätte positive Auswirkungen auf den Verkehr, die Luftqualität und die Produktivität.“ Das Senseable City Lab hat beispielsweise den Taxi-Verkehr in New York ein Jahr lang untersucht und analysierte Daten aus rund 150 Millionen Fahrten. Das Ergebnis: würden New Yorker mit anderen gemeinsam Taxi fahren und nur fünf Minuten Wartezeit in Kauf nehmen, könnte man sich in 90 Prozent der Fälle die Fahrten teilen: „So ließen sich Staus vermeiden, was zur positiven Stimmung der Bürger beitragen würde“, sagt Baumgartner. Auch elektrische und halbautonome Fahrzeuge würden den Städten langfristig guttun. Baumgartner bezeichnet Bosch im Bereich der Elektromobilität als Vorreiter: „Die Arbeit, die Bosch leistet, ist enorm wichtig. Das Unternehmen schafft die Vernetzung zwischen verschiedenen Produkten und gibt sie als Gesamtpaket an den Kunden weiter.“

Erin Baumgartner - Assistant Director, Massachusetts Institute of Technology

Erin Baumgartner spricht auf der Bühne der Bosch IoT-Konferenz
Erin Baumgartner leitet ein multidisziplinäres Forschungsteam am MIT

Erin Baumgartner führt seit 2014 das MIT Senseable City Lab mit Schwerpunkt „Urban Studies and Planning“ und leitet ein multidisziplinäres Forschungsteam. Sie entwickelt Partnerschaften zwischen dem Lab und Städten, Unternehmen oder Stiftungen, die die Forscher unterstützen. Ihr Studium der französischen Literatur absolvierte sie in New York und Paris.

Fazit

Um lebenswert zu bleiben, müssen Städte intelligenter werden. Erin Baumgartner und ihr Team vom MIT arbeiten an ‚Smart Cities’, indem sie zielgerichtet Daten erheben. Dadurch sollen etwa Staus vermieden und Krankheitswellen vorhergesagt werden.

Teile diese Seite auf